In Heteropartnerschaften kümmert sich der Mann um die Geldangelegenheiten, Versicherungen, Konten etc. Die Frau halt… um alles andere. Frau ist zufrieden, weil sie sich nicht mit diesen „lästigen“ und trockenen Themen auseinandersetzen muss und Mann ist happy, weil er sich „um die wirklich wichtigen Themen“ kümmern darf und es seine Rolle als Familienernäher bestärkt. Aus eigener Erfahrung weiß ich einfach, wie gemütlich, einfach und unkompliziert es sein kann, wenn jede*r sich in seine Rolle fügt und man das Leben entsprechend drumherum organisiert. Das beste Beispiel hierfür ist mein inzwischen gewordenes Herzensthema: „Finanzen“.
Mein Mann tat auch immer sein Bestes, um uns gut abzusichern. Er fand einen Finanzberater, der total nett war und – laut der Aussage meines damaligen Mannes – nicht nur auf Provision aus war. „Der wird uns schon kein unnützes Zeug aufschwatzen“, war er sicher. Ich blieb immer skeptisch und hatte ein komisches Bauchgefühl. Mein Kopf aber wollte nicht die notwendigen Kapazitäten aufwenden, um sich in diese schnöden Themen hineinzufuchsen. Als ich Mutter wurde, fand ich erst recht nicht die Muße.
Ich kann mich bis heute sehr gut an die Szene erinnern, wie mein Mann mich überredet hat, mich um meine Altersvorsorge zu kümmern. Heißt, er bestellte den Finanzberater zu uns. Meine jüngere Tochter war wenige Monate alt und ich stillte sie noch voll. Während des Gesprächs, indem mir der Berater von den Möglichkeiten des Produktes erzählte, versuchte ich meine unruhige Tochter, die ich auf dem Arm hielt, zu beruhigen. Zwischendurch musste ich die Beratungsrunde zum Stillen verlassen. In den kurzen Phasen, wo ich bestrebt war, aufmerksam zuzuhören, verstand ich nur Bahnhof. Ich habe vorsichtig Fragen gestellt und die Blicke des Beraters löcherten mich. „Er findet bestimmt, dass ich sowieso zu dumm bin, dieses Lebensversicherungspaket zu verstehen“, schwirrte in meinen Gehirnwindungen umher. „Du warst und bist einfach zu dämlich dafür!“ „Mathe-Niete ist gleich Versicherungskram-Niete!“ „Lass jetzt gut sein.“
Obwohl mein Bauchgefühl NEIN schrie, dachte ich, dass die Vernunft und mein Mann und der Berater schon recht behalten mussten. Was weiß ich denn schon? Also vertraute ich blind den vertrauenswürdigen Männern und unterschrieb alles. Was hatte ich denn für Alternativen? Mich selbst in den Versicherungskram einarbeiten? Das würde ja viel zu lange dauern und wer sagt mir, dass ich dann alleine die richtige Entscheidung treffe?! Wahrscheinlich werde ich das alles sowieso nur mit Mühe aber wahrscheinlich gar nicht verstehen. Ergo: lass es. Wird schon schief gehen.
Ich durfte recht behalten.
Nach der Trennung von meinem Mann kam ich irgendwann zu dem Punkt, dass ich doch noch einen Blick in meine Altersvorsorge werfen musste. Vor allem nachdem mir bewusst wurde, dass „Altersarmut“ auch mein Thema werden könnte. Nachdem ich mich dank Madame Moneypenny eeeendlich ausgiebig mit meinen Finanzen beschäftigt habe, versuchte ich nun zu recherchieren, was ich da unterschrieben habe. Es war quasi eine Mission Impossible. Da ich inzwischen meine Scham überwunden hatte, Unwissenheit kund zu tun und nach Hilfe zu fragen, nahm ich zuerst meinen sonst so ziemlich allwissenden Partner zur Hand, der das Paket auch nicht ganz durchschaute. Danach machte ich einen Termin bei der Verbraucherzentrale. Diese bestätigte mir mein schlechtes Bauchgefühl – wenn auch nur indirekt und zeigte mir diverse Alternativen. Fast zeitgleich machte ich meine Steuererklärung bei einer Frau vom Lohnsteuerhilfeverein. Nachdem ich ihr kurz meine Situation erklärte – in Trennung lebend, alleinerziehend mit zwei Kindern – sah sie meine Unterlagen durch. Sie sah mich verwundert und unsicher an und fragte „War der Versicherungsmakler ein Freund ihres Mannes?“ Da guckte ich ebenfalls verdutzt: „Ähm… nein.“ Sie zog die Augenbrauen hoch, worauf ich das dringende Bedürfnis bekam, meinen Ex in Schutz zu nehmen: „Ich weiß, dass die Versicherung nicht für mich optimal ist, weshalb ich diese stoppen möchte. Mein Mann hatte die beste Intention und wollte mir lediglich helfen. Er ging davon aus, dass wir gemeinsam alt werden und er immer für mich da sein kann. Er ist ein durch und durch guter Mensch. Nun ja, jetzt ist es nun mal anders gekommen… Jetzt darf ich meine Zukunft selbst in Hand nehmen.“
Das Ende der Geschichte ist: Meine für mich sinnlose Rürup-Lebensversicherung habe ich gestoppt (kündigen kann man ja nicht) und ich habe mir eine quasi gebührenfreie Riester-Rentenversicherung zugelegt, die auf dem Besparen von ETFs basiert. Das ist meine zusätzliche, steuerlich momentan vorteilhafte Zusatz-Altersvorsorge. Tatsächlich sehe ich meine Haupt-Altersvorsorge in meinem eigenen ETF-Portfolio. Und darauf bin ich mächtig stolz.